Angebotsökonomik

Angebotsökonomik
1. Begriff: Die A. betont die Bedeutung der Angebotsseite; damit deutliche Gegenposition zur Betonung der Nachfrageseite im  Keynesianismus ( keynesianische Positionen).
- Unter A. i.e.S. versteht man die ökonomische Lehre, die ausschließlich auf die Angebotsseite setzt und die Nachfrageseite vernachlässigt.
- 2. Maßnahmen: a) Steuersatzsenkungen (v.a. bei leistungsabhängigen Steuern): Steuersenkungen schaffen starke Leistungsanreize, die zu einem höheren volkswirtschaftlichen  Wachstum führen, das so stark sei, dass das Steueraufkommen trotz rückläufiger  Steuersätze zunehme ( Laffer-Kurve).
- b) Reduzierung der Staatsausgaben, um den Staat zurückzudrängen und den Privaten und den Marktkräften wieder mehr Spielraum zu verschaffen. Der Staat dürfe nur in ganz eng begrenzten Ausnahmebereichen aktiv werden, denn Staatsausgaben wirken wie Steuern leistungshemmend und demotivierend.
- c) Budgetausgleich auf niedrigem Niveau. Staatliche Kreditaufnahme verdränge in genau gleichem Umfang private Kreditnachfrage vom Kapitalmarkt.
- d) Deregulierung/Entregulierung (v.a. bez. Sozial- Umverteilungs- Umweltschutz- und Wettbewerbspolitik): Durch Abbau der „Belastung der Angebotsseite“ sollen die Marktkräfte entfesselt werden. Staatliche Interventionen in den genannten Bereichen stellen Marktunvollkommenheiten ( unvollkommener Markt) dar, die den dezentralen Koordinations- und Allokationsmechanismus stören.
- Aufgrund der Maßnahmen ergeben sich nach Ansicht der A. zunächst Gewinnerhöhungen, die zu größerer Produktivität und höherem Wachstum, schließlich aber auch zu steigenden Löhnen führen. Eine ungleichmäßigere  Einkommensverteilung wird als Voraussetzung eines höheren Gesamtwohlstands angesehen. Der durch die Angebotspolitik ausgelöste Wachstumsschub löst nach dieser Auffassung auch das Inflationsproblem, weil es vorübergehend zu einem Überschussangebot und damit zu einem Druck auf die Preise kommt.
- 3. Kritik: Die Auffassung, dass sich durch eine Steuersatzsenkung eine Erhöhung des Steueraufkommens erreichen lässt, muss für die derzeit geltenden Steuersysteme als widerlegt angesehen werden. Die Hypothesen bez. staatlicher Ausgabenkürzungen und staatlicher Kreditaufnahmen sind empirisch unbelegt. Bei den Vorschlägen zur Deregulierung werden einseitig die (unbestreitbar vorhandenen) negativen Wirkungen von Interventionen überbetont, die ökonomischen und gesellschaftlichen Vorteile (z.B. soziale Stabilität, Umweltschutz) bleiben dagegen unberücksichtigt.
- 4. Bedeutung: Die A. hatte großen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik in den ersten Jahren der Reagan-Administration (Reaganomics). Auch die von M. Thatcher in Großbritannien betriebene Wirtschaftspolitik (Thatcherismus) folgte im Wesentlichen den Ideen der A. In Deutschland wird eine gemäßigte Form der A. durch den  Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) propagiert.
- Vgl. auch  Stabilisierungspolitik.

Lexikon der Economics. 2013.

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